Ich frage einfach mal... Markus Laube - Künstler & Beagle-Freund

9/04/2015

Markus und Micoud

Im September 2000 zog ich nach Leipzig, um hier ein Studium zu beginnen, hatte keine Ahnung von dieser Stadt und suchte mir natürlich ein WG-Zimmer in der Nähe meiner zukünftigen UNI. Gleich die erste Besichtigung führte mich in eine WG mit zwei Jungs, die auf mich einen absolut sympathischen Eindruck machten und wo ich mich super wohl fühlte. Markus und Bernd saßen mit mir und meinem Begleiter in deren Küche, rauchten und waren einfach zwei dufte Typen. Das ist nun 15 Jahre her und in diesen vielen Jahren ist Markus nicht nur ein lieber Freund geblieben, ich bin mittlerweile auch Patentante seiner kleinen entzückenden und so klugen Tochter Anna. Damals hatte ich keine Hunde und konnte mit Hunden auch nicht viel anfangen. Der Gedanke, einen Hund mal haben zu werden, war so fern, wie die Aussicht, dass ich dieses Studium nie beenden werde.
Man weiß ja, alles kommt immer anders. Und das ist meist wohl auch gut so. Auch in dieser WG gab es keinen Hund.
Wie kam es also dazu, dass ich heute Markus zu diesem Thema befrage? Ich frage ihn einfach mal selbst:

Hattest Du als Kind jemals ein Tier, oder hättest Du gern eins gehabt?


Ich hatte als Kind ein Haustier. Dazu muss ich sagen, ich bin in einer Neubauwohnung groß geworden (Typ WBS 70, das war eine der etwas größeren), trotzdem hat es nur zu einem Hamster gereicht. Das war aber kein gewöhnlicher Goldhamster, wie ihn meine Klassenkameradin Manuela gleich zweifach besaß, nein, es war ein schwarzer Angora-Hamster (sieht genauso aus, ist halt nur schwarz). Ich hatte ihn mir sehnlichst gewünscht und zu Weihnachten 1982 stand dann das Terrarium unterm Tannenbaum, und in ihm saß Wuschel. Der Hund im ZDF-Ferienprogramm mit einer sehr sehr jungen Anke Engelke hieß auch Wuschel, und alle haben immer geglaubt, ich hätte meinen Hamster danach benannt, das stimmt aber nicht.
Nun schlafen Hamster ja den ganzen Tag und werden erst in der Nacht aktiv, so dass wir nur wenig Zeit miteinander verbringenkonnten, aber ich musste für ihn sorgen, also füttern und sauber machen, was eine prima Vorbereitung auf meine Zivildienstzeit 11 Jahre später war. Nein, im Ernst, Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen, auch wenn es nur ein Hamster war, der selbst nie wusste, dass es mich überhaupt gibt, ist für ein Kind eine wichtige Erfahrung. Und erst recht das Abschiednehmen.Eineinhalb Jahre drehte Wuschel nachts im Laufrad seine Runden und eines morgens lag er dann tot vor seinem Fressnapf. Ich war untröstlich. Mit meinen Eltern habe ich ihn dann hinter unserem Haus in einer Pralinenschachtel begraben (ich glaube, es waren Weinbrand-Bohnen).
Später hatte ich noch einmal einen Hamster, wieder schwarz, und sie hieß Stupsie. Lars aus meiner Klasse hatte sie gekauft, aber seine Mutter wollte neben dem Kanarienvogel, dem Kaninchen, dem Meerschweinchen und den Fischen (auch alles im WBS 70!) nicht noch mehr Tiere im Haus haben, und so habe ich Stupsie dann dauerhaft Asyl gewährt. Aber eigentlich wünschte ich mir immer einen Langhaardackel.

Ein Hund spielt in Deinem Leben eine ganz besondere Rolle. Micoud, den auch ich schon seit er ein kleiner Welpe ist, kenne, wohnt seit neun Jahren bei Dir und Deiner Familie. Wie kam er in Dein Leben?


Damals wohnte ich schon mit Nina in einer schönen großen Wohnung zusammen, und Ninas Eltern hatten einen Münsterländer "Monty". Monty war der erste Hund in meinem Leben, zu dem ich wirklichen Kontakt hatte und der mir auch meine Angst vor Hunden genommen hatte. Für einen Kleinen Münsterländer war er doch sehr groß, aber auf dem Bauerhof im tiefsten Emsland fragt niemand nach einem Zuchtbuch. Wenn Monty einen begrüßt hatte, und das tat er oft und stürmisch, musste man sich danach den ganzen Arm abwaschen. Aber dass ich so etwas überhaupt mal mit mir machen lassen konnte, ohne vor Angst tot umzufallen, das war Montys Verdienst.
Irgendwann kam deshalb in Leipzig wieder die Vorstellung eines eigenen Hundes auf. Eigentlich wäre das doch jetzt möglich, mit eigener Wohnung, kleinem Garten hinterm Haus und dem großen Rosental gleich um die Ecke... Eines Tages waren Nina und ich dann auf dem Weg irgendwohin, und direkt vor uns lief eine junge Frau mit einem noch jüngeren Hund. Und spontan meinte ich zu Nina, wenn ich jemals einen Hund haben sollte, dann so einen. Nina sagte, das sei ein Beagle.
Ein Beagle, aha. Nun, dann also einen Beagle. Der Entschluss war dann relativ schnell gefasst. Ja, wir wollen Hundebesitzer werden! Zunächst kam das Wichtigste, die Namensfindung. "Giles" oder "Micoud". Und da der Fußballspieler Johan Micoud gerade bei Werder Bremen zauberte, stand der Name fest. Dann kam die Suche. Einmal in der Woche durchforstete ich die Kleinanzeigen, aber als nach zwei Monaten immer noch derselbe "8 Wochen alte" Welpe aus Polen angeboten wurde, kam mir das Ganze nicht mehr sehr seriös vor.
Dann machten wir uns auf die Suche nach Züchtern, weil wir wollten ihn ganz klein, sozusagen von Anfang an. In Diemelsee Adorf in Hessen wurden wir dann fündig und machten uns auf den Weg dorthin. In einem großen Gatter wuselten ca zehn 6 Wochen alte Beagle durcheinander. Ein kleiner, fast ganz weißer Beagle-Rüde hatte es uns zunächst sehr angetan, er ignorierte uns aber konsequent. Plötzlich standen aber da am Zaun Brüderchen und Schwesterchen und wollten unsere Aufmerksamkeit. Die zwei waren total knuffig, aber der eine, der mit dem fast schwarzen Gesicht, war irgendwie doch noch penetranter. Er stieg z.B. seiner Schwester auf dem Kopf, um unsere Finger besser abschlecken zu können, wedelte mit dem Schwanz und ließ uns nicht mehr aus den Augen. Es war einfach, als riefe er: ich, ich, ich! Tja, das war's!
Micoud hatte sich uns ausgesucht, und das Beste war, er war noch nicht "reserviert". Zwei Wochen später konnten wir ihn dann abholen, am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit. Und da wir knapp zwei Monate vorher geheiratet hatten, und zwar am Tag des Mauerbaus, passte das doch perfekt!


Wie würdest Du ihn in drei Sätzen beschreiben?


Das geht in einem: Er ist mein verfressener, sturer, ausdauernder, liebenswürdiger, verschmuster, kinderlieber bester Kumpel, die Terrordrohne, le Chef - einfach Muckel!

Was haben eigentlich Micoud und Snoopy gemeinsam, außer, dass sie beide Beagles sind?


Oh, da muss man sich eigentlich nur die Comicstrips anschauen. Da gibt es so viele Gemeinsamkeiten. Micoud kann nur nicht lesen und schreiben. Aber Tiere imitieren, wie Snoopy das macht, kann er ganz gut, zumindest eine Katze, ein Kaninchen und einen Frosch.
Umgekehrt funktioniert es aber besser: Charles M. Schulz war ja selbst Beagle-Besitzer, und das merkt man.Vor allem in den frühen Strips, in denen Snoopy in erster Linie "Hund" ist, bringt er das Wesen des Beagles auf den Punkt. Vor allem, was das Fressen, die unglaublich feine Nase und die Sturheit betrifft. So universell und zeitlos komisch die Strips auch sind, ich behaupte, einige davon können nur Beagle-Besitzer wirklich verstehen.


Was würdest Du einem Ersthundbesitzer empfehlen, wenn er unbedingt einen Beagle bei sich aufnehmen möchte?


Sich ganz genau zu überlegen, worauf er sich da einlässt! Beagle sind natürlich die schönsten und liebsten Hunde der Welt, aber eben nicht ganz einfach. Zunächst einmal sind es ganz ausgeprägte Rudeltiere. Je größer das Rudel, umso besser! Das hat natürlich den Nachteil, dass sie es ganz und gar nicht mögen, allein zu Hause zu bleiben. Micoud leidet da immer sehr. Er zerlegt zwar nicht die Wohnung oder macht sonst irgendwie Blödsinn, er leidet einfach still vor sich hin und tut sich selbst schrecklich leid. Also am besten ist es, wenn immer jemand zu Hause ist. 
Dann sind Beagle unglaublich verfressen. Mit der Zeit lernt man, ständig darauf zu achten, dass nichts, was auch nur im Entferntesten an Essen erinnert, also auch keine leeren Pizzakartons oder Einwickelpapier, in Reichweite der Hundeschnauze liegen bleibt. Auch nicht auf eigentlich hohen Tischen; Beagle gehen mit einer unglaublich geduldigen Ausdauer daran, Strategien zu entwickeln, trotzdem an das jeweilige Stück der Begierde zu gelangen. Da wird auch schon mal stundenlang aufrecht stehend so lange mit der Zunge eine Bio-Abfalltüte Millimeter für Millimeter herangeschleckt, bis sie fassbar wird.Mit der Sturheit der Beagle muss man auch umgehen können. Sie sind nun mal jahrhundertelang auf Eigenständigkeit bei der Treibjagd selektiert und gezüchtet worden, das bekommt man so schnell nicht raus!
Andere Beagle-Besitzer schreiben vom legendären Beagle-Alzheimer ("Sitz? Noch nie gehört") oder vom "Gallischen Dorf" unter den Hunderassen.Das sind die Dinge, die man wissen muss. Doch wenn man weiß, worauf man sich einlässt, und halbwegs konsequent bleibt, bekommt man ein Herz von einem Hund. Was sich Micoud alles von Kindern gefallen lässt und wie er insgesamt mit Kindern umgeht, ist phantastisch. Durch seine relative Schmerzfreiheit kann es im Spiel auch mal gröber zugehen, ohne dass er mit der Wimper zuckt. Da muss man den Kindern allerdings auch beibringen, dass nicht alle Hunde wie Micoud sind und sie bei fremden Hunden IMMER vorsichtig sein müssen und zuerst die Besitzer fragen müssen, ob der Hund gestreichelt werden kann.
Außerdem sollte jeder Beagle-Besitzer eine ausgeprägte Kuschelfähigkeit mitbringen. Beagle sind im Winter höchst talentierte Wärmflaschen unter der Bettdecke, besser bekannt als der Eingedrehte Kniekehlen-Schmeichler. Und sie lassen keine Gelegenheit aus, sich für ausgedehntes Gekrault-werden auf den Rücken zu drehen.

Ich kenne ja so einige Micoud-Geschichten. Welche Anekdote ist wohl die Lustigste, Skurrilste oder einfach Schönste, die Du erzählen möchtest?


Was mich auch nach fast 10 Jahren immer wieder in Erstaunen versetzt ist die Nase unseres "Schweißhundes". Wenn ich mit ihm vom Spaziergang heimkehre und in der Zwischenzeit Besuch gekommen ist, merke ich das schon 50 Meter vorm Eingang, weil Micoud da schon anfängt, viel intensiver zu schnüffeln und spätestens am Tor mit dem Schwanz zu wedeln.
Als wir noch am Rosental wohnten und Nina mit ihm unsere Tour machte, wurde er auf einmal auch sehr unruhig, hielt seine Nase in den Wind, fiepte und wedelte mit dem Schwanz. Weit und breit war jedoch niemand zu sehen. Ein Freund von uns trug damals Briefe aus, den rief sie an, ob er gerade in der Nähe sei und er meinte, ja. Allerdings war er 150 Meter entfernt in einem Hauseingang!
Oder wenn wir Besuch haben und eine Tasche leichtsinnigerweise oder einfach nur ahnungslos irgendwo abgestellt wird und wir mehrmals fragen, ob sich denn auch ja nichts zu essen darin befindet: Micoud schnüffelt und wühlt, bis eingestanden wird, dass sich vor drei Wochen einmal eine Kekspackung in eben dieser Tasche befunden habe und vielleicht ein paar Krümelchen übrig geblieben sein könnten. Unser Hund würde vielleicht einen der besten Zoll-Hunde abgeben. Er würde wahrscheinlich jedem noch so gewieften Lebensmittelschmuggler im Pfotenumdrehen das Handwerk legen.


Du bist ja nicht nur einer meiner besten Freunde, und vor allem einer der besten Freunde meiner beiden Witzbolde, Du bist auch Künstler und hast damit einen ganz besonderen Blick auf die Dinge. Wie siehst Du Hunde aus Deinem künstlerischen Blickwinkel?


Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten wie die anderen, einfach aus dem Grund, weil ich solche Zusammenhänge während des Zeichnens herstelle und weniger im Alltag. Micoud habe ich zwar schon mal radiert und auch in stilisierter Form auf einem Ölbild untergebracht, von daher habe ich Gesichtsausdruck, Anatomie und die Zeichnung seines Fells genau im Kopf. Einen spezifischen künstlerischen Blickwinkel habe ich jedoch nicht, es sei denn, es geht um ars vivendi:so ein Hundeleben, zumindest wie es sich bei uns darstellt, ist schon nicht das Schlechteste!

Danke lieber Markus für Deine Antworten und bis ganz bald bei Euch, wenn ich wieder meine Tasche in Sicherheit bringen muss und vor Wiedersehensfreude anfängt zu singen. :)

Mehr über die künstlerische Arbeit von Markus Laube findet ihr hier:
http://www.markuslaube.de/ 
Markus bei Facebook

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2 Kommentare

  1. Ein herrliches Interview. Ich könnte stundenlang weiter lesen. Die Beaglebeschreibung ist klasse und obwohl Emma "nur" ein Beaglemischling ist, kann ich dem 100%ig zustimmen.
    Liebe Grüße vom Emma und Lotte Frauchen

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    1. Ja, ich glaube Beaglebesitzer wissen genau, wann von ihren Hunden gesprochen wird. ;)
      Ich freu mich sehr, dass Dir das Interview Spaß gemacht hat.

      Sei ganz lieb gegrüßt
      Katja

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